Dienstag, 19. Juni 2012

Flüchtlings-Schicksale

Nach der verheerenden Bombardierung von Hildesheim, am 22. März 1945 fanden meine Eltern und ich in Rössing bei Verwandten Unterkunft, erst ein Jahr später zogen wir eine eigene Mietwohnung. Mein Wohnaufenthalt in Rössing dauerte nur relativ kurze Zeit, nämlich von 1945 – 1954. Da das aber zugleich prägende Jahre vom Übergang meiner Kindheit zum Heranwachsenden (Halbstarken) waren, ist mir Rössing ein Stück Heimat geworden und bis heute geblieben.

Der Begriff Heimat erinnert mich an eine Begegnung während eines Schlesier / Flüchtlingstreffens auf den Terrassen der Gaststätte oberhalb von Schloss Marienburg bei Nordstemmen.

Mein Vater und ich waren eigentlich nur wegen des schönen Wetters nach einem Fahrradausflug dort gelandet.  Das mag etwa um 1950 gewesen sein. An einem Tisch, nahe der Bühne in der Musikmuschel, fanden wir noch zwei freie Stühle, saßen kaum, als fast alle anderen aufstanden und gingen.

Die Reden und Darbietungen waren beendet. Das bedauerten wir nicht. Wir gehörten ja weder zu den Vertrieben noch zu den Flüchtlingen.

Mein leutseliger Vater sprach einen am Nachbartisch zurück gebliebenen Gast an. Es schien, als wolle der sich unauffällig eine Träne aus den Augen wischen.

Sie sind sicherlich auch zum Heimattreffen hier hergekommen, um an glücklichere Jahre in ihrer Heimat erinnert zu werden.“

Nee, nee ich habe gar keine Heimat.“

Aber woher kommen sie denn?“

Aus Rössing“, sagte der Heimatlose, stand auf und ließ uns, seine Leidensgenossen, allein.